Das Ortmsueum präsentiert – Die Gerichtsbarkeit im Mittelalter
Wie an jedem ersten Sonntag im Monat, öffneten auch vergangenes Wochenende die vier Amriswiler Museen ihre Türen bei freiem Eintritt. Im Ortsmuseum hielt Hans Munz um 15 Uhr die Erzählstunde zum Thema «Die Gerichtsbarkeiten im Mittelalter».
Hans Munz, ehemaliger Gerichtspräsident und Anwalt, berichtete am vergangenen Museumssonntag im Ortsmuseum fundiert über die verwirrende Situation der Gerichtsherrschaft im Mittelalter. Im Thurgau gab es damals gegen 100 sogenannte Niedere Gerichte, verteilt auf 130 Gerichtsherrschaften. Zuständig waren sie für Diebstähle, Raufereien, Viehtrieb auf fremden Wiesen, freches Reden und Respektlosigkeit gegenüber der Obrigkeit. Geahndet wurde mit Bussen oder allenfalls mit dem Pranger. Gerichtsbarkeit bedeutete damals weit mehr als nur Justiz im heutigen Sinne. Der Gerichtsherr verfügte auch über die politische Herrschaft. Angehörige einer Gerichtsgemeinde genossen dafür auch deren Schutz. Für schwerere Delikte wie Vergewaltigung, Hexerei oder Mord war das Blutgericht (Malefiz Gericht) zuständig. Drakonische Strafen wurden je nach Stand des Delinquenten verhängt: Für das einfache Volk galt Tod durch Ertränken, Tod auf dem Scheiterhaufen oder Tod durch «Rädern» (nichts für schwache Nerven. Bitte selbst googeln). Adelige wurden mit dem Schwert enthauptet, was als Privileg galt. Die Gerichtsherrschaften bildeten einen Flickenteppich, dessen Grenzen sich auch überschneiden konnten. Auf einer Kutschenfahrt um 1750 von Amriswil nach Bischofszell durchquerte man noch sieben Gerichtsherrschaften. Erstaunlich, dass dieses Flickwerk mit allen Komplikationen über Jahrhunderte funktionierte. Erst die Invasion durch französische Truppen 1798 beendete dieses morsch gewordene Gebilde der Gerichtsherrschaften in der Zeit der sogenannten Helvetik.